Prof. Dr. Paul-Georg Becker Fachhochschule Stuttgart – Hochschule für Technik
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Kurzfassung eines Artikel zum: World Mathematical Year 2000

Imagewerbung für die Mathematik

Die zweifelhafte Botschaft, dass das Jahr 2000 der Beginn des neuen Jahrtausends und damit etwas ganz Besonderes sei, wurde durch Funk, Fernsehen, Feuerwerk und Feiern ohne Zahl einer breiten Öffentlichkeit nahe gebracht. Weitgehend verborgen geblieben ist dieser Öffentlichkeit hingegen die Tatsache, dass das Jahr 2000 für die Mathematik ein ganz besonderes Jahr ist, nämlich das World Mathematical Year 2000 (WMY 2000). Prof. Dr. Paul-Georg Becker beschreibt, was es mit diesem Jahr auf sich hat.

Die Internationale Mathematikervereinigung hat das WMY 2000 ins Leben gerufen. Nun gilt es den Gedanken eines solchen Jahres mit Leben zu füllen. Welche Ziele und Absichten stecken hinter der Idee des WMY 2000? Ein Schwerpunkt besteht darin, die Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der Mathematik in der Öffentlichkeit und ihrer tatsächlichen Bedeutung zu verringern. Betrieben wird also 'Imagepflege'.

Notwendig ist eine solche Imagepflege, da eine zunehmende 'Mathematisierung der Welt' offenbar wird. Die Mathematik dringt in immer mehr Bereiche vor, die früher mathematische Methoden nur in sehr geringem Maße einsetzten. Beispiele sind die Medizin und das Finanzwesen. Außerdem macht sich die Mathematik dort, wo sie bereits Fuß gefasst hat, immer unentbehrlicher. Hier sind die Physik und die Wirtschaftswissenschaften zu nennen. Das allgemeine Publikum nimmt von diesem Vorgang aber kaum Notiz und der Mathematik bleibt das Etikett 'weltfremd und esoterisch'.

Dies ist nicht ohne Folgen: An den Hochschulen bleibt der Nachwuchs aus! Schlechte Berufsperspektiven sind dafür keineswegs verantwortlich: Bei Banken und Versicherungen, in der Industrie, bei Softwarehäusern und Unternehmensberatungen etc. sind die Aussichten für Matheabsolventen sind ausgezeichnet.

Soll diese Situation verändert werden, muss die breite Öffentlichkeit angesprochen werden. Die wichtigste Zielgruppe sind dabei Studierende, Schülerinnen und Schüler. Das Interesse der Schüler läßt sich z.B. dadurch wecken, dass ein Alltagsphänomen den Ausgangspunkt einer Mathematikstunde darstellt. Beispiele sind Prüfzimmern auf Waren, Geheimschriften und Geheimcodes oder optimale Strategien bei Gesellschaftsspielen. Eine andere Möglichkeit bietet der fächerübergreifende Unterricht. So verfügen Mathematik und Musik über mehr Beziehungen, als man auf den ersten Blick vermutet.

Anlass und Möglichkeiten zur Beteiligung am WMY 2000 haben auch andere Bildungsträger. Beiträge können etwa auch von Volkshochschulen und Museen kommen. Mittlerweile gibt es auch Ausstellungen, die sich mit der Mathematik beschäftigen. In Gießen wird in Kürze ein Mathematikmuseum eröffnet. Die Fachhochschule Stuttgart – Hochschule für Technik hat eine Mathematikausstellung zum Thema Pythagoras entwickelt, die nun an den Realschulen und Gymnasien Baden-Württembergs gezeigt wird.

Ein Jahr der Mathematik kann und soll nur als ein Anfang dabei sein, der Mathematik in den Augen der Gesellschaft den Stellenwert zu geben, der ihr zukommt. Die Mathematik braucht kein eigenes Jahr, die Gesellschaft aber braucht mehr als nur ein Jahr der Mathematik!